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Wo fängt der Weltraum an?

"Space: The Final Frontier." Diese legendäre Formulierung eröffnet seit 1966 hunderte Folgen der Serie «Star Trek». Heute könnte man den Weltraum tatsächlich als «das [vorläufig] letzte Neuland» für die Menschheit bezeichnen. Aber wo fängt er eigentlich an?

Unser Planet ist im Weltraum. Wir sind umgeben davon und besonders klar wird das jeweils abends. Wenn sich unsere Hälfte des Planeten wieder einmal von der Sonne weggedreht hat, werden wir plötzlich in die endlose Dunkelheit des Alls getaucht. Glücklicherweise ist unsere Atmosphäre noch da und wir können normal weiteratmen.

Illustration aus Camille Flammarions populärwissenschaftlichem Buch "L'atmosphère. Météorologie populaire" von 1888.

1. Illustration aus Camille Flammarions populärwissenschaftlichem Buch "L'atmosphère. Météorologie populaire" von 1888.

Die Pflanzen aber stellen in dieser Zeit die Sauerstoff-Produktion ein. Die Nacht ist ein kurzer Reminder für uns, dass das All über-all und mehrheitlich leer ist, und Planeten, wie der unsere, eine Ausnahme sind.

Aber kann ich, wenn meine Leiter hoch genug ist, die Hand in den Weltraum strecken? Oder vielleicht direkt den Kopf, so wie der Missionar auf Camille Flammarions Darstellung aus dem Jahre 1888?

Am Grunde des Gas-Meeres

Meistens verbringen wir Menschen unsere Zeit am Grunde des gigantischen Gas-Sees, den wir als Atmosphäre bezeichnen. Die Luftschicht unmittelbar um uns herum - die Troposphäre - ist gleichzeitig der Ort, an dem sich die Mehrheit der Wetter-Phänomene abspielt und erstreckt sich am Äquator auf eine Höhe von 18-20 km über der Erdoberfläche.

Auch Linienflugzeuge fliegen nicht höher als maximal 12'000 Meter über dem Meeresspiegel. Einzig Kampfjets können auf grössere Höhen und damit bis in die Stratosphäre vorstossen.

 

2. Die Schichten unserer Atmosphäre gemäss NOAA.

Die falschen Antriebssysteme

Aber auch Kampfjets können nicht bis in den Weltraum vorstossen, da sie dazu die «falschen» Antriebssysteme besitzen. In der darauffolgenden Atmosphärenschicht, der Mesosphäre, herrscht nur noch ein Bruchteil des Teilchendrucks, der sonst Flugzeugen Auftrieb verleiht.

Kein Wunder, entfallen doch 80% der Teilchen-Masse unserer Atmosphäre auf die Troposphäre und 19% auf die Stratosphäre. Die restlichen 1% Teilchen sind auf drei weitere Schichten verteilt! Wer hierhin gelangen will, benötigt einen Raketenantrieb.

Noch bevor dies in der Praxis gelang, berechnete Theodore von Kármán eine theoretische Flughöhen-Obergrenze von ca. 84 km. Bis heute verwendet die NASA die 80 km als Trennlinie zwischen Luftfahrt und Raumfahrt. Auch wenn diese Grenze nicht von Kármán selbst eingeführt worden ist, wurde sie doch nach ihm «Karman-Linie» benannt.

Die Karman-Linie; pure Willkür

Leider hält sich die Natur nicht an willkürlich gewählte Grenzen. Daher hat die oberste Atmosphärenschicht, die Exosphäre, auch keinen Punkt, an dem sie einfach aufhört. Stattdessen nimmt mit zunehmender Distanz zur Erde die Teilchendichte einfach immer weiter ab, bis sie schlussendlich kaum noch nachzuweisen sind und man die «Kollisions-Freie» Zone erreicht.

Neueste Forschung hat aber gezeigt, dass die Exosphäre praktisch bis zum Erdmond reicht und darüber hinaus! Einfach den Kopf rausstrecken kann man mit anderen Worten auf keinem Gesteinskörper. Atmosphären nehmen immer graduell ab.

Fakt ist, dass man bei Ausseneinsätzen von Astronaut*innen auf der ISS, ca. 400 km über der Erdoberfläche, von Weltraumspaziergängen spricht. Spätestens ab dieser Höhe kann man also guten Gewissens von «Weltraum» sprechen.

3. und 4. Die Erdatmosphäre von der ISS aus gesehen, mit (rechts) und ohne Polarlichtern (links).

Im Falle einer Anregung durch grösseren Sonnenwindausbruch können weitere Schichten der Atmosphäre für das menschliche Auge sichtbar werden, die ansonsten verborgen bleiben.

Bilder
  1. C. Flammarion, "L'atmosphère. Météorologie populaire," 1888.
  2. NOAA, "National Oceanic and Atmospheric Administration," 2 Januar 2023. (noaa.gov/jetstream/atmosphere/layers-of-atmosphere)
  3. A. Kuipers, "Aurora Australis, as seen from the ISS," ESA/NASA, 13 März 2012. (esa.int/ESA_Multimedia/Images/2012/03/Aurora_Australis_as_seen_from_the_ISS)
  4. P. Nespoli, "Earth view captured from on board the International Space Station during the STS-120 mission," NASA/ESA, 12 November 2007. (esa.int/ESA_Multimedia/Images/2007/11/Earth_view_captured_from_on_board_the_International_Space_Station_during_the_STS-120_mission)
Quellen
  • Encyclopaedia Britannica Inc.,"Kármán line," 16. November 2023. (britannica.com/science/Karman-line)
  • I.I. Baliukin, J.-L. Bertaux, E. Quémerais, V.V. Izmodenov and W. Schmidt, "SWAN/SOHO Lyman-𝛼 Mapping: The Hydrogen," JGR Space Physics, pp. 861-885, 27 Februar 2019.
  • M. Kemter, "Wie hoch fliegen Flugzeuge?," Stuttgarter Zeitung, 11 April 2023.
  • R. Maksel, "Who holds the altitude record for an airplane?," Smithonian Magazine - Air & Space Magazine, 28 Mai 2009.

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